Vor dem GP von Ungarn haben wir mit Alfa Romeo Pilot Blackice Corona-Konform ein Videointerview geführt. Der Österreicher, der in zwei Rennen den Rekord der meisten Starts in der Liga inne haben wird, spricht mit uns über die Gegenwart und Zukunft in der F1.

Guten Abend Blacky.

1. Der F1-Tross reist diese Woche nach Ungarn. Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, war das immer ein gutes Pflaster für dich. Du fuhrst hier auch dein bisher einzigen Sieg ein sowie mehrere starke Platzierungen. Selbst vergangenes Jahr sprang hier ein 7. Platz heraus. Was erhoffst du dir dieses Wochenende?

Budapest war für mich tatsächlich meistens ein gutes Pflaster, ich war dort schon etliche Male unter den Top 5 und zweimal am Podium, dabei zähle ich die Strecke gar nicht mal unbedingt zu meinen Favoriten, auch wenn ich nicht sagen will, dass ich sie nicht mag. Der 7. Platz letzte Saison war ehrlich verdient und mit einem starken Rennen nach Hause gefahren, aber die Bedingungen haben sich geändert in den letzten zwölf Monaten und es werden mehr Piloten am Start stehen als letzte Saison und die sind alle sehr stark. Eine Wiederholung dieses Resultats wäre schon äußerst glücklich, ich denke wir können uns eher so um Platz 9-12 einordnen. Das war schon in den letzten Rennen so und dürfte sich nicht stark ändern, wir haben jedenfalls noch immer kein Allheilmittel gefunden bei Alfa, um das Mittelfeld plötzlich anzuführen.

2. Verglichen zum letzten Jahr, scheinst du vor allem neben der Strecke trotz der weiterhin eher mäßigen Ergebnisse entspannter und deutlich zufriedener zu sein. Hat der gute Stand der PRL, die aktuell so gut da steht wie nie zuvor, ein Anteil daran, speziell wenn du siehst wie die F1 Liga seit deinen Anfängen gewachsen ist und weiter expandiert?

Die Punkteausbeute ist ja so gesehen fast noch schlechter als letzte Saison leider, denn wir haben ja jetzt bis Platz 12 Punkte, aber dafür auch mehr Fahrer. Jedenfalls bin ich sportlich nach wie vor bei Weitem nicht zufrieden, das ist ganz klar, denn wenn man wie in Silverstone zu Beginn des Rennens kurzzeitig auf Platz 17 liegt, dann macht das einfach keinen Spaß. Aber ich habe an mir gearbeitet und versuche die Ereignisse anders, weniger emotionsbeladen, zu verarbeiten mittlerweile. Und das ist ein großer Vorteil, wenn man hier die richtigen Akzente setzt.

Mit der Liga allgemein hat das denke ich aber auch zu tun, zumindest unterbewusst. Ja, es läuft mittlerweile mehr als gut und ich bin einer der Wenigen, die seit mehr oder weniger dem Anfang dabei sind und die Entwicklung hat lange auf sich warten lassen, aber nachdem es jetzt vier, fünf Jahre bergauf gegangen ist, läuft es jetzt würde ich sagen optimal. Viel mehr kann man sich nicht erwarten, auch wenn man das Potenzial in vielen Bereichen nicht unterschätzen sollte. Und ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft noch weiter wachsen werden, denn die Voraussetzungen dafür sind gegeben.

3. Zurück zur Strecke. Der Aufschwung von Alfa-Sauber lässt weiterhin auf sich warten. Die mäßige Performance der Ferrari Antriebe tut ihr Übriges. Auch dein Teamkollege scheint sehr selten am Start zu sein. Glaubst du, dass ihr das Ruder diese Saison nochmal rumreißen könnt?

Na auf einen Sieg brauchst du diese Saison nicht mehr warten. Aber wir geben unser Bestes wie immer und Nevio ist, sofern er Zeit hat, eine verlässliche zweite Kraft neben mir. Das Ruder komplett rumreißen werden wir bestimmt nicht, aber so ein Ergebnis wie letzte Saison in Abu Dhabi mit einem vierten Startplatz, im Rennen Platz 5, sowas in diese Richtung, das wäre ein tolles Ergebnis und würde ins vllt. doch noch nach vorne spülen in der Konstrukteurs-WM, um noch um Platz 6 kämpfen zu können.

4. Es ist bekannt, dass immer mehr Fahrer auf den Simulator umsteigen und bereits wenige Tage nach dem letzten Rennen schon wieder für das nächste trainieren. Kannst du uns als langjähriger Fahrer sagen, ob das viele Training sich bei jedem gleich auszahlt? Es wurde beispielsweise bei dir seitens einiger Medien und im Fahrerlager getuschelt, dass du eher ein Trainingsmuffel bist und das auch ein Hauptgrund dafür ist, warum du nicht mehr an die konstanten Ergebnisse der Vorjahre anknüpfen kannst. Kannst du zu diesen Vorwürfen Stellung beziehen und uns deine Sicht der Dinge als erfahrener Stammfahrer erklären?

Die Simulator-Einheiten scheinen bei den meisten Fahrern mittlerweile wirklich quasi schon direkt nach dem vorangegangenen Rennen zu beginnen. Da wird wirklich sehr viel Zeit investiert, allerdings bin ich skeptisch ob diese Herangehensweise dich um Sekunden schneller machen kann. Ich jedenfalls bin eher der Typ, der sich einiges an Spontanität beibehalten möchte, also Vorfreude auf ein Rennen, auf eine Strecke. Es gibt nur wenige Strecken, die ich nicht gerne fahre und auf denen ich gerne fahre will ich jede Runde genießen können, denn Rennfahren ist ja auch Spaß und nicht nur Arbeit und wenn man Spaß an der Arbeit hat, ist das motivierend und hilft einem. Ich selbst hatte schon ein paar Rennen in meiner Laufbahn, für die ich massig Zeit investiert habe und schon hunderte Runden im Simulator abgespult habe, aber dann befindest du dich schlussendlich mitten im Grand Prix am Sonntag und merkst wie sehr dir diese Strecke schon auf den Nerv geht, weil du da schon seit Tagen x Runden und weiß ich wie viele Runden gedreht hast. Nicht falsch verstehen, Rennfahren macht Spaß, aber es ist eben auch die Abwechslung die da zählt. Noch dazu kommt bei mir, dass ich meine neunte Saison fahre. Ich kenne alle Strecken bis auf die ganz Neuen wie meine Jackentasche. Bestes Beispiel Ungarn – dort bin ich mit Sicherheit nicht nur ein paar hundert, sondern garantiert schon minimal 1.000 Runden in meinem Leben gefahren, was soll ich denn da noch großartig kennen lernen?

Ich bin daher würde ich sagen kein Trainingsmuffel, aber ich versuche die Vorbereitung zu komprimieren, in dieser Zeit dann aber umso intensiver an Setup und Details zu arbeiten und mich in eine Strecke und das Auto einzufühlen. Und eines weiß ich aus Erfahrung: ob ich 100 oder 300 Runden für ein Rennen im Simulator trainiere, macht keinen Unterschied mehr, das halte ich tatsächlich für Gerede.

5. Man hört aus F1-Management Kreisen, dass ein Großteil der nächstjährigen Cockpits bereits gesetzt ist und diese in den nächsten Wochen verkündet werden. Dein Vertrag mit Alfa Romeo Racing läuft am Ende der Saison aus, in den letzten Tagen tauchten außerdem wie im Vorjahr wieder Gerüchte um ein Wechsel zu Red Bull auf. Kannst du uns bereits irgendwas bezüglich deiner Zukunft mitteilen? Ist da schon Tinte auf einen Vertrag gesetzt? Hast du schon grobe Vorstellungen?

Die Gerüchte rund um Red Bull kommen ja seit vier Jahren regelmäßig immer wieder auf.*lacht*

Kaum lädt mich der Doktor mal zu sich nach Graz ein oder ich schlürfe eine Dose mit ihm im Paddock, schon sehen mich die Leute im Jahr darauf im Red Bull-Cockpit. Jedenfalls ist da nicht mehr dran als die letzten Jahre, denn ich habe nur eine lebhafte Beziehung zu Helmut und wir stehen in regelmäßigem Kontakt, aber darüber hinaus ist da nichts und bei meinen aktuellen Ergebnissen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ein Team wie Red Bull, das aktuell sogar um den WM-Titel fahren kann, sich um meine Dienste reißt.

Ich konzentriere mich auf meinen Job bei Alfa und ich hatte schon mit Fred Vasseur ein langes Gespräch, bei dem wir uns darauf geeinigt haben, dass ich mich jetzt mal noch voll auf meine Leistung konzentriere und er mir versprochen hat, dass es keinen Zeitdruck seitens des Teams geben wird. Ich habe bis zum Saisonende Zeit gute Ergebnisse einzufahren und mir dann Gedanken um meine Zukunft zu machen. Ich kann aber bestätigen, dass es vor Allem von ein paar in England ansässigen Teams Interesse an mir und Gespräche gab, da will ich gar keinen Hehl daraus machen. Allerdings halte ich mich hier über Details bedeckt. Wir werden in einigen Monaten ja sehen, was sich für Möglichkeiten ergeben. Aktuell scheint vieles möglich zu sein, ein Verbleib bei Alfa, eventuell sogar ein Wechsel in ein anders Team, aber auch ein Sabbatical kann ich mir durchaus vorstellen. Ich sehe das bei meinem Freund Jake, der die Pause bisher sehr genießt, aber langsam spüre ich in ihm auch wieder das Feuer aufflammen und er scheint motivierter denn je zu sein. Vielleicht würde mir daher ein Jahr Pause auch mal nicht schaden und ich kann dann 2022/23 mit neuen Autos, neuem Reglement wieder durchstarten und bin mit neuer Leidenschaft und Energie ausgestattet. Das würde auf lange Sicht jedenfalls mehr Sinn ergeben, als weiterhin mit Ach und Krach in die Top 10 zu fahren, nur um sich dann Rennen für Rennen wieder selbst zu fragen:“Warum tu ich mir das eigentlich noch an?“

Danke Blacky, viel Erfolg beim Wochenende!